Wie man sich doch täuschen kann…
Ich kann mich noch gut erinnern, wovor ich noch vor ein paar Jahren am meisten Angst hatte: Einen nahen Angehörigen zu verlieren, selbst schwer krank zu werden, oder, am allerschlimmsten: ein behindertes Kind zu haben.
Als ich selbst noch keine Kinder hatte, hatte ich natürlich keine Ahnung, was es überhaupt bedeutet, Kinder zu haben. Den Grad an Verantwortung, die Gewalt der Emotionen, die einen überrascht, all das kann man nicht mal ahnen. Wie auch und ist auch gut so. Ich habe trotzdem immer wieder versucht mir vorzustellen, wie es wohl wäre, Kinder zu haben. Aber ein behindertes Kind – das war unvorstellbar, der Gedanke daran schmerzte so sehr, dass ich nie wirklich darüber nachgedacht habe. Mir haben auch die Eltern solcher Kinder leid getan, für ihr schweres Schicksal und ein wahrscheinlich verpfuschtes Leben. So dachte ich ganz still und heimlich wirklich mal.
Dann kam Nova und plötzlich war ich eine dieser schicksalsgeprüften Mütter. Diese ersten Wochen und Monate waren aber so anstrengend, dass ich keine Zeit dafür hatte, mir selbst leid zu tun. Und als ich dann die Zeit dazu gehabt hätte, habe ich keinen grund mehr gesehen, mir leid zu tun. Nova hatte sich so fantastisch entwickelt (und tut es immer noch)! Natürlich ist die Aufgabe groβ, ebenso die Verantwortung. Aber nicht viel grösser als die, die man sowieso hat, wenn man Kinder bekommt. Und DAS war es, was ich nicht wusste: dass man mit einem behinderten Kind ein fast normales Leben leben KANN. Es kommt selbstverständlich auf den Grad der Beeinträchtigung des Kindes an, aber vor allem auch auf eines: dass man den Rückhalt aus der Umgebung hat. Ich habe nicht nur das Glück, einen fantastischen Lebensgefährten an meiner Seite und als Vater meiner Kinder zu wissen, so, wie die ganze Familie einfach nur gut ist, sondern auch auch die Unterstützung aus der Gesellschaft. Hier in Schweden wird man als Familie mit einem Kind mit besonderen Bedürfnissen ganz besonders gefödert und gestützt. Ich habe schon an mehreren Stellen in diesem Blog davon erzählt. Aber die neuesten Entwicklungen übertreffen wirklich fast alles: wir, Linus, die Kinder und ich, dürfen auf ein Familienlager fahren, wo sich nur Familien treffen, die ein Kind mit AMC haben. 5 Tage lang werden wir auf einer Insel im Schärengarten Göteborgs Vorlesungen besuchen, mit Spezialisten Workshops machen, es gibt eine eigene Geschwisterbetreuung, wo sich die gesunden Geschwister kennenlernen und austauschen können, wir werden verpflegt und dürfen auch dort wohnen, inklusive beheiztem Aussenpool. Die anerkanntesten Spezialisten aus allen Bereichen werden anwesend sein und sich um uns kümmern. Linus und ich dürfen diese Tage als Pflegetage anmelden und der gesamte Aufenthalt wird von der Reha bezahlt. Und ich habe da jetzt nicht darum kämpfen müssen, nein, das wurde uns angeboten!
Das Andere ist Novas neues Gefährt: ein elektrischer Rollstuhl. Das Ding wiegt an die 100 kg, ist ca. 15.000 Euro wert, Hightech-Gerät mit 7 Gängen (die oberen 5 wuerden aber aus Sicherheitsgründen gesperrt 😉 ) und ermöglicht Nova seit gestern, sich völlig frei in unserem grossen Garten zu bewegen. Bisher konnte sie sich nicht auf unsrem Rasen selbständig fortbewegen, jetzt wird sie selbst Ribiseln pflücken können, da der Rollstuhl sehr geländegängig ist. Ausserdem ist er sehr intuitiv zu bedienen, Nova hat auf Anhieb kapiert, wie sie ihn bedienen muss. Der Joystick ist ihr völlig natürlich vorgekommen. Hier ein kleines Beispiel, wie sie nach einem Tag üben damit umgeht.
Alles ganz normal.